Paresen

Eine Parese beschreibt eine inkomplette Lähmung eines Muskels, d.h. der Muskel ist geschwächt. Kann der Muskel gar nicht mehr bewegt werden, spricht man von einer kompletten Lähmung oder Plegie. Die Ursache liegt bei beiden Formen in einer Schädigung des zuleitenden Nervs.

Welche Formen der Parese und welche Behandlungs- bzw. Therapiemethoden gibt es? Definition, Diagnose und Verlauf im Überblick…

Was ist eine Parese?

Eine Parese bezeichnet die unvollständige Lähmung eines Skelettmuskels, im Unterschied zu einer Plegie, die eine vollständige Lähmung beschreibt. Die Ursache liegt in einer Schädigung des zuleitenden motorischen Nervs. Die neurologische Störung zeigt sich in einer Minderung der Muskelkraft.

Paresen kann man auf unterschiedliche Weise einteilen und beschreiben. Einerseits können sie nach Anzahl der geschädigten Nerven oder der betroffenen Gliedmaßen eingeteilt werden, andererseits nach der Stelle der Nervenschädigung im Körper.

 

Je nach Schädigungsort unterscheidet man zwei Formen:

  • Zentrale Parese
    Bei Schädigung des Nervs zwischen Gehirn und Vorderhornzelle des Rückenmarks (1. Motoneuron).
  • Periphere Parese
    Bei Schädigung des Nervs zwischen der Vorderhornzelle des Rückenmarks und der motorischen Endplatte des Muskels (2. Motoneuron).
Was ist eine zentrale Parese?
Bei einer zentralen Parese liegt die Ursache im Gehirn oder Rückenmark.
Was ist eine periphere Parese?
Bei einer peripheren Parese ist der Nerv in seinem Verlauf in Armen oder Beinen geschädigt.

Periphere Paresen können einen oder mehrere Nerven betreffen. Beispiele für isolierte Paresen sind die Radialis-, Peroneus- oder Fazialisparese. Eine Schädigung mehrerer Nerven im Bereich des Nervengeflechts bezeichnet man als Plexusparese. Man unterscheidet eine Armplexusparese (Plexus brachialis) und eine Beinplexusparese (Plexus lumbalis).

Bei zentralen Paresen unterscheidet man, abhängig von der betroffenen Extremität:

  • Monoparese
    Die inkomplette Lähmung betrifft nur eine Extremität, z.B. den Arm.
  • Paraparese
    Beide Beine sind von der Lähmung betroffen, Arme sind nicht betroffen.
  • Hemiparese
    Arm und Bein einer Seite sind inkomplett gelähmt.
  • Tetraparese
    Eine inkomplette Lähmung aller vier Gliedmaßen (Arme und Beine) sowie eine gestörte Rumpf- und Kopfkontrolle sind vorhanden.

Bei zentralen Paresen befindet sich die gelähmte Muskulatur immer auf der Gegenseite zur Gehirnschädigung. D.h. bei einer Schädigung der linken Gehirnhälfte ist die rechte Körperseite von der Lähmung betroffen und umgekehrt.
Bei peripheren Lähmungen ist die Parese immer gleichseitig zur Schädigung.


Ursachen einer Parese

Eine Schädigung des motorischen Nervs, der die Bewegung in einem Muskel einleitet, liegt der Parese zu Grunde. Der Nerv kann durch Druckschäden, Unfälle, Infarkte oder Blutungen im Gehirn oder in seinem peripheren Verlauf geschädigt werden. Druckschäden werden häufig durch Tumore oder Bandscheibenvorfälle verursacht, durch die die Reizweiterleitung über den Spinalkanal (Wirbelkanal) eingeschränkt wird.

Bei folgenden Krankheitsbildern treten zumeist Paresen auf:

Bei zentralen Ursachen zeigt sich häufig eine Kombination aus inkompletten (Paresen) und kompletten Lähmungen (Plegien) einzelner Muskeln. So kann z.B. bei einer inkompletten Querschnittslähmung durch eine Verletzung des Rückenmarks auf Brusthöhe die Rumpfmuskulatur nur leicht betroffen sein, wohingegen die Beine plegisch sein können.

Diagnose & Paresegrade

Paresen: Diagnose und Paresegrade

Die Diagnose einer Parese erfolgt durch eine klinische Untersuchung, bildgebende Verfahren und optional durch spezielle Zusatzuntersuchungen.

Lähmungen sind durch eine Minderung der Muskelkraft gekennzeichnet. Aus diesem Grund werden zur klinischen Klassifizierung der verschiedenen Lähmungsgrade diverse Skalen zur Bewertung der Muskelkraft herangezogen. Das gängigste Assessment ist der „Medical Research Council“ (MRC). Hierbei werden pro Muskel bzw. Bewegung Punkte von 0 bis 5 vergeben. 0 Punkte stehen dabei für eine komplette Lähmung (Plegie) und 5 Punkte für gute Kraft gegen vollen Widerstand.

Durch Elektromyographie (EMG) und Elektroneurographie (ENG/NLG) können Nervenleitgeschwindigkeit und Muskel genauer untersucht werden. Sie können bei der Ursachenfindung eine wichtige Rolle spielen. Bei Verdacht auf eine zentrale Schädigung können Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) Aufschluss geben.

 

Verlauf einer Parese

Kann die Ursache der Nervenschädigung nicht behoben werden, kommt es durch die fortdauernde Lähmung meist zum Abbau von Muskelmasse (Atrophie). Außerdem kann es zu einem bindegewebigen Umbau (Fibrosierung) der Muskelfasern und zu vermehrten Fetteinlagerungen kommen. Das Ausmaß der Atrophie und der Fibrosierung geht mit dem Schweregrad der Lähmung einher. Somit kommt es bei starken Lähmungen relativ rasch zu einem bedeutenden Abbau der Muskelmasse.

Abhängig vom Ausmaß der Parese tritt bei zentralen Schädigungen aufgrund der fehlenden Kontrolle durch das Gehirn im Rückenmark im Verlauf zusätzlich eine Spastik (erhöhte Muskelspannung) auf. Darum spricht man bei Multipler Sklerose oder Schlaganfall häufig von einer spastischen Parese. Je stärker die Parese, desto stärker die Spastik. Die Kombination von geringer Muskelkraft und erhöhter Muskelspannung führt zumeist zu einer eingeschränkten Gelenkbeweglichkeit, die bei längerem Bestehen zu Gelenkversteifungen (Kontrakturen) führen kann.

Therapie bei Parese

Therapie bei Paresen

Die funktionelle Elektrostimulation kann ausgezeichnet mit Aktivitäten des täglichen Lebens kombiniert werden.

Bei zentralen Paresen, wie nach Schlaganfall oder Schädelhirntrauma, erfolgt die Rehabilitation angepasst an die Ziele des Patienten nach den Prinzipien des motorischen Lernens. Durch häufiges Wiederholen werden alltagsrelevante Tätigkeiten wie Greifen oder Gehen, die durch die Parese eingeschränkt sind, trainiert (Hauptmann & Müller 2011). Hierbei kann die EMG-getriggerte Elektrostimulation hilfreich sein, um die Bewegung zu verstärken.

Mit der funktionellen Elektrostimulation ist nach einer Einweisung durch den behandelnden Therapeuten auch ein Training zu Hause möglich, um auf die empfohlene Therapiedichte von 5 Übungseinheiten zu je 30-45 Minuten wöchentlich zu kommen (Platz 2011).

Ist der periphere Nerv geschädigt, der Muskel also teils denerviert, ist eine Kombination aus aktiven Übungen und elektrischer Stimulation sinnvoll. Spezielle Stromformen (geringe Frequenz, lange Impulsdauer) können den Muskel direkt stimulieren und somit eine Atrophie/Abbau der vom Nerv nicht mehr versorgten Muskelanteile verhindern (Kern et al. 2010) und die Regeneration der Nerven fördern (Gordon et al. 2016).

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STIWELL® Elektrotherapie

Gordon, T., & English, A. W. (2016). Strategies to promote peripheral nerve regeneration: electrical stimulation and/or exercise. European Journal of Neuroscience, 43(3), 336-350.

Hauptmann, B. & Müller, C. (2011). Motorisches Lernen und repetitives Training. In: Nowak, D. (Hrsg.) Handfunktionsstörungen in der Neurologie. Berlin Heidelberg: Springer Verlag, 214-223.

Kern, H., Carraro, U., Adami, N., Biral, D., Hofer, C., Forstner, C., ... & Paolini, C. (2010). Home-based functional electrical stimulation rescues permanently denervated muscles in paraplegic patients with complete lower motor neuron lesion. Neurorehabilitation and neural repair, 24(8), 709-721.

Platz, T. (2011). Rehabilitative Therapie bei Armlähmungen nach einem Schlaganfall. Patientenversion der Deutschen Gesellschaft für Neurorehabilitation. Bad Honnef: Hippocampus Verlag.