Muskuläre Dysbalance
Eine muskuläre Dysbalance beschreibt das Ungleichgewicht zweier Muskeln oder Muskelgruppen, die sich gegenüberstehen. Zumeist herrscht eine Kombination von Verkürzung, Verspannung und Schwäche vor. Verschiedenste alltags-, sport- oder erkrankungsbedingte Ursachen können dabei zur Entstehung dieses muskulären Ungleichgewichts führen.
Wie entsteht eine muskuläre Dysbalance, welche Behandlungs- bzw. Therapiemethoden gibt es? Definition, Formen und Ursachen im Überblick…
Was ist eine muskuläre Dysbalance?
Die muskuläre Dysbalance bezeichnet ein Ungleichgewicht der Muskulatur. Das Ungleichgewicht kann durch eine veränderte Länge, Kraft oder Spannung zweier Muskeln auftreten. Ein typisches Muster ist die Kombination aus Muskelschwäche und Verspannung bzw. Verkürzung.
Durch die muskulären Dysbalancen (Ungleichgewicht) kommt es zu vermehrter Belastung von Gelenken, Überlastung von Sehnen, Muskelverspannungen in anderen Muskeln sowie zu einer Fehlhaltung. Ein Beispiel für eine muskuläre Dysbalance ist eine geschwächte Rückenmuskulatur und eine verkürzte Bauchmuskulatur, z.B. durch langes Sitzen am Schreibtisch. In weiterer Folge führt diese Dysbalance zur Entwicklung eines Rundrückens und Schmerzen im unteren Rücken.
Formen einer muskulären Dysbalance
Im Regelfall beschreibt die muskuläre Dysbalance ein Ungleichgewicht zwischen Agonisten (Spieler) und Antagonisten (Gegenspieler), also zwischen Beuger und Strecker. Hierbei kommt es durch eine Verkürzung des Spielers zu einer Abschwächung des Gegenspielers.
Aber auch andere Formen der Dysbalance sind möglich:
- zwischen Stabilisatoren und Mobilisatoren
- zwischen linker und rechter Körperhälfte
- zwischen oberer und unterer Körperhälfte
Dysbalancen zwischen Stabilisatoren und Mobilisatoren werden häufig beschrieben. Stabilisatoren sind tieferliegende Muskeln, die die Aufgabe haben einzelne Gelenke oder Körperabschnitte zu stabilisieren. Mobilisatoren sind jene oberflächlich gelegenen Muskeln, die dafür zuständig sind, unsere Gelenke zu bewegen. Dysbalancen treten hierbei zumeist in Form einer Abschwächung tiefliegender Bauchmuskeln (z.B. M. transversus abdominis) und einer Verkürzung bzw. Verspannung oberflächlicher Bauchmuskulatur (z.B. M. rectus abdominis) auf, was z.B. durch langes Sitzen zu Stande kommt.
Bezogen auf den ganzen Körper können Dysbalancen auch zwischen linker und rechter sowie unterer und oberer Körperhälfte auftreten. Beispielsweise kann durch die ungleiche (unausgewogene/einseitige) Belastung der Hände oder einseitigen Sport ein Arm muskulär stärker ausgeprägt sein als der andere. Manchmal ist auch der Oberkörper stärker trainiert als die Beine, wie es durch verschiedene Sportarten oder unreflektiertes Training im Fitnessstudio der Fall sein kann.
Gerade bei sportlicher Beanspruchung sollten muskuläre Dysbalancen auf jeden Fall ausgeglichen oder therapiert werden, da es durch das Ungleichgewicht zu Reizungen der Sehnen, Muskeln und Gelenken kommt. In weiterer Folge steigt das Verletzungsrisiko und die Leistungsfähigkeit sinkt.
Ursachen einer muskulären Dysbalance
Muskuläre Dysbalancen entstehen häufig durch langes Sitzen in der gleichen Position.
Ursachen für ein Ungleichgewicht (= Dysbalance) können vielfältig sein. Muskuläre Dysbalancen entstehen im Allgemeinen durch falsche oder übermäßige Beanspruchung der Muskulatur. Bei unterschiedlichsten Aktivitäten:
- beim Sport
- im Alltag
- im Beruf
- nach Verletzungen
Beim Sport ist häufig eine einseitige Belastung, beziehungsweise ein einseitiges oder falsches Training, für die Dysbalance verantwortlich. Zusätzlich können sowohl muskuläre Überforderung und Ermüdung, als auch schwache oder ungedehnte Muskeln, ein Ungleichgewicht auslösen.
Langes Sitzen führt ebenfalls dazu, dass sich ein Ungleichgewicht der Muskeln dauerhaft einstellt. Vor allem wenn man mit einem runden Rücken sitzt, sodass die Rückenmuskulatur lang und schwach wird, wohingegen sich die Bauchmuskulatur verkürzt. Bringt man das Becken nach vorne, kommt der Oberkörper in eine gerade Position bei der Rücken- und Bauchmuskulatur gleichmäßig belastet werden: Natürlich ist es schwierig einen ganzen Arbeitstag in dieser aufrechten Position zu sitzen. Deshalb empfiehlt sich ein kontinuierlicher Wechsel der Sitzposition über den Tag verteilt.
Schon- und Fehlhaltungen, die vor allem durch oder nach Verletzungen eintreten haben einen ähnlichen Effekt. Durch das dauerhafte Durchführen einer Aktivität in einer bestimmten nicht zweckgemäßen Weise (z.B. Hinken beim Gehen) werden bestimmte Muskeln übermäßig belastet und andere Muskeln unterfordert.
Bewegungsmangel und angeborene Knochendeformitäten (z.B. Beinverkürzung, Skoliose) führen ebenfalls dazu, dass Muskelgruppen nicht ihrer Funktion entsprechend genutzt werden können und es somit zu einer Umstellung bzw. Kompensation im Körper kommt, die ein muskuläres Ungleichgewicht fördert.
Wie entsteht eine muskuläre Dysbalance?
Fehlbelastungen führen zum einen dazu, dass sich vor allem Mobilisatoren (vorrangig Beugemuskeln) verkürzen und sich ihre Gegenspieler abschwächen. Im Falle eines übermäßigen Hohlkreuzes würde sich also die Hüftbeugemuskulatur verkürzen, bei gleichzeitiger Abschwächung der Gesäß- und der tiefen Rückenmuskulatur.
Sind Muskeln, die eine statische Belastung (Halteaufgabe) haben, von einer Fehlhaltung betroffen, reagieren sie zumeist mit einer Abschwächung. Diese Schwäche wird dann von den bewegenden Muskeln kompensiert. Da die bewegenden Muskeln in ihrer Struktur aber nicht für die Haltearbeit ausgelegt sind, sind diese durch die neue Aufgabe schnell überfordert. Dadurch kommt es zu Verspannungen und Verkürzungen im Muskel.
Die Verspannung und Verkürzung führt zu einer Minderdurchblutung und somit zu Schmerzen im betroffenen Gebiet. Die Folge sind wiederum durch Fehlhaltungen bedingte Bewegungseinschränkungen. Dieser Kreislauf muss durch eine adäquate Therapie unterbrochen und die Ursachen für deren Entstehung behandelt werden.
Kräftigungs- und Koordinationsübungen können zum Einsatz kommen, um das muskuläre Gleichgewicht wiederherzustellen.
Therapie & Rehabilitation der muskulären Dysbalance
Vorrangig müssen der Arzt oder Therapeut muskuläre Dysbalancen erkennen. Im Rahmen einer funktionellen Untersuchung werden Haltung sowie Muskelkraft und Muskellänge untersucht. Spezielle Druckmesskissen oder eine Ultraschalluntersuchung können dabei helfen, die Funktion tiefer gelegener Muskeln (Bauch-/Rückenmuskulatur) zu evaluieren. Klassische bildgebende Verfahren, wie ein Röntgen oder MRT, sind nur in Einzelfällen nötig, wenn z.B. eine angeborene Skoliose oder eine Verletzung als Ursache für die Dysbalance vermutet wird.
Therapeutische Behandlung
Nachdem evaluiert wurde, welche Muskeln zu schwach, zu kurz oder zu verspannt sind, kann die Behandlung starten. Zu schwache Muskulatur muss mit einem adäquaten Kraft-/Ausdauertraining wiederaufgebaut werden. Verkürzte Muskeln können durch die Kombination von Faszientraining und Dehnungsübungen wiederhergestellt werden. Zusätzlich sind ein Koordinationstraining und gezielte Entspannungstechniken wirksam, um den Kreislauf der Dysbalance zu unterbrechen.
Für eine erfolgreiche Therapie ist eine Behandlung der Ursache bzw. des Auslösers für die Dysbalance wichtig, um ein neuerliches Auftreten der Beschwerden zu vermeiden. Wenn langes Sitzen als Grund für die muskulären Dysbalance evaluiert wird, was zumeist berufsbedingt nur schwer zu vermeiden ist, kann es zum Beispiel sinnvoll sein, die Arbeitsposition in regelmäßigen Abständen zu verändern.
Allgemein ist es bei muskulären Dysbalancen empfehlenswert den Alltag aktiv und vielseitig zu gestalten, um einem Ungleichgewicht der Muskulatur vorzubeugen bzw. um dieses zu behandeln.
Je nach Beschwerdebild wird vom behandelnden Therapeuten folglich ein individuelles Übungsprogramm zusammengestellt, das jeden Tag für ca. 15 Minuten durchgeführt werden sollte.
Funktionelle Elektrostimulation
Wer auf Faszienrolle und Fitnessstudio verzichten will, hat die Möglichkeit mit Hilfe von elektrischer Stimulation seine Muskulatur wiederaufzubauen.
Durch die EMG-getriggerte funktionelle Elektrostimulation können alltägliche Funktionen wiederhergestellt werden. Die aktive Einleitung der Bewegung mittels Elektromyographie (EMG) und die 4-kanalige Stimulation ermöglichen funktionsbezogene natürliche Bewegungen und arbeiten somit an Kraft, Beweglichkeit und Koordination.
Liegt der Fokus auf einem speziellen Muskel, können Kraft und Kraftausdauer durch spezielle Stimulationsprogramme auch isoliert aufgebaut werden. Liegt der Fokus in einer späteren Phase auf einem reinen Koordinationstraining, kann auch ausschließlich mit Hilfe von Biofeedback gearbeitet werden. Hierbei wird die Muskelfunktion als Videofeedback über einen Bildschirm dem Patienten rückgemeldet, ohne dass der Betroffene durch Strom unterstützt wird.Funktionelle Übungen mit Elektrostimulation können die Koordination verbessern.
Spezielle Stimulationsprogramme können gezielt einzelne Muskeln aufbauen.
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