Elektrotherapie

Elektrotherapie oder Elektrostimulation beschreibt die therapeutische Anwendung von Strom. Die moderne Elektrotherapie wird vor allem funktions- und aktivitätsbezogen eingesetzt. Diese wird als funktionelle Elektrostimulation bezeichnet.

Was ist Elektrotherapie?

Elektrotherapie bezeichnet die therapeutische Anwendung von Strom. Der Strom kann durch die Variation einzelner Parameter vielfältig eingesetzt werden. Abhängig von der Stromform können verschiedene Ziele im Vordergrund stehen:

 

  • Förderung des motorischen Lernens und der funktionellen Rehabilitation
  • Erhöhung der Selbständigkeit und Lebensqualität
  • Wiedererlernen alltäglicher Aktivitäten
  • Reduktion von Spastizität
  • Reinnervationsförderung bei (Teil-)Denervation
  • Verhinderung bzw. Reduktion von Muskelatrophie
  • Verbesserung der Koordination & Wahrnehmung
  • Durchblutungsverbesserung

 

Elektrotherapie ist die Bezeichnung für die therapeutische Anwendung von elektrischen Impulsen in der physikalischen Medizin. Muskelaktivitäten werden im Körper normalerweise vom Nervensystem gesteuert. Das Gehirn regt die Muskeln über die Nerven mittels elektrischer Signale zu Anspannung (Kontraktion) an.

Wenn Teile des Nervensystems (Gehirn oder Nerv) geschädigt sind, kann die Signalweiterleitung so beeinträchtigt sein, dass Signale nur mehr unvollständig oder überhaupt nicht bei den Muskeln ankommen. In weiterer Folge können diese Muskeln weniger gut angespannt werden und die Muskelmasse schwindet. Die Ursachen einer solchen Schädigung können etwa Schlaganfall, Unfall oder Infektionen sein. Auch lange Ruhigstellung z. B. nach Operationen können zum Schwinden der Muskelmasse führen. 

Die Elektrotherapie kann folglich zur Rehabilitation eingesetzt werden, um

  • Bewegungen wieder neu zu erlernen
  • Schwinden der Muskelmasse ("Atrophie") zu verhindern
  • Regeneration des Nervensystems zu unterstützen

 

Die elektrischen Signale zum Auslösen der Muskelkontraktionen werden dabei vom Gerät über die Haut an den Muskel übertragen. Dazu werden auf der Haut elektrisch leitfähige Kontaktflächen angebracht, sogenannte Elektroden.

 

Die moderne Elektrostimulation/Elektrotherapie arbeitet in einem funktionellen Kontext (funktionelle Elektrostimulation) und zielt somit auf die Wiederherstellung von Funktionen und das motorische Lernen zur Erhöhung der Selbständigkeit ab.

STIWELL® Neurorehabilitation | Was ist Elektrotherapie?
Funktionelle Elektrostimulation zum Wiedererlernen komplexer Alltagsbewegungen (wie z.B. Greifen, Trinken).

Funktionelle Elektrostimulation (FES)

Die funktionelle Elektrostimulation (FES) ist ein Teilbereich der Elektrotherapie und wird in der Rehabilitation nach neurologischen und orthopädischen Erkrankungen/Verletzungen eingesetzt, um die Funktion von Muskeln, Nerven und Gehirn zu unterstützen. Im Unterschied zur klassischen Elektrostimulation werden bei der FES mehrere Muskeln hintereinander angesprochen, sodass eine Funktion oder Aktivität durch die elektrischen Impulse unterstützt oder vollständig übernommen werden kann (van Kerkhof 2013). 

 

EMG-getriggerte Mehrkanal-Elektrostimulation

Im Unterschied zu herkömmlichen Elektrotherapiegeräten verfügt das STIWELL® Elektrostimulationsgerät über 4 Stimulationskanäle, welche eine Stimulation von bis zu vier Muskelgruppen ermöglicht. Dadurch können auch komplexe Bewegungsabläufe gezielt trainiert werden. Die einzelnen Muskeln werden gleichzeitig oder nacheinander elektrisch stimuliert, was zu einer vollständigen Bewegung führt.

Die Besonderheit der EMG-getriggerten Mehrkanal-Elektrostimulation liegt darin, dass der zu schwache Bewegungsimpuls des Patienten verstärkt und der Start der Stimulation durch den Patienten selbst ausgelöst wird. Ab einem gewissen Maß an Muskelaktivität (z.B. durch willkürliches Anspannen) erfolgt, nach Erreichen eines vorher definierten Schwellenwertes, die elektrische Stimulation.

Im Therapieverlauf kann dieser Schwellenwert kontinuierlich angepasst werden, um eine möglichst hohe Annäherung an die ursprünglich mögliche maximale Kraft zu erreichen. Somit werden dem Patienten bereits minimale Therapiefortschritte aufgezeigt. Ziel ist es, die Bewegungskompetenzen der Betroffenen auszubauen und durch eine Steigerung der Selbständigkeit bei Aktivitäten des täglichen Lebens die Lebensqualität zu verbessern. So können willkürliche Bewegungen und Muskelkraft aktiv trainiert werden.

Elektrotherapie: Begriffserklärungen

Der Elektrotherapie liegen die generellen Wirkungsweisen des Stroms zu Grunde, weshalb diese hier genauer erklärt werden sollen.

Stromstärke

Formelzeichen: I
Einheit: A (Ampere)

Bewegen sich elektrische Ladungsträger (Elektronen, Ionen), so spricht man von elektrischem Strom. Die Menge der Ladungsträger in einem Leiter bestimmt die Höhe der Stromstärke.

Elektrische Spannung

Formelzeichen: U
Einheit: V (Volt)

Die elektrische Spannung ist Voraussetzung für die Bewegung der elektrischen Ladungsträger von einem Pol zum anderen. Die elektrische Spannung entsteht durch die Anziehung zwischen den negativen und positiven Polen. Bei einer Verbindung zwischen den Polen fließt Strom.

Elektrischer Widerstand

Formelzeichen: R
Einheit: Ω (Ohm)

Der elektrische Widerstand ergibt sich durch die Verbindung der zwei Pole. Wenn die Spannung hoch ist und der Widerstand gering, kann der Strom leicht fließen. Der Widerstand ist wichtig, um den Stromfluss zu regulieren und Störungen bei der Leitung ("Kurzschluss") zu vermeiden.

Ohm´sches Gesetz

Formel: U = R × I

Das Ohm´sche Gesetz beschreibt den Zusammenhang zwischen Stromstärke, elektrischer Spannung und elektrischem Widerstand. Ist der Widerstand erhöht, steigt die Spannung. Bei spannungskonstanten Stromarten (denervierte Stimulation) sinkt die Stromstärke durch den erhöhten Widerstand.

Amplitude

Amplitude ist ein Begriff, der in der Physik und Mathematik verwendet wird, um Schwingungen zu beschreiben – genauer gesagt den höchsten Ausschlag der Schwingung. Bei der Stimulation mit Strom kommt es abhängig von der Größe der Amplitude zu einer sensiblen Reaktion (Kribbeln) oder motorischen Reaktion (Bewegung).

Frequenz

Formelzeichen: f
Einheit: Hz (Hertz)

Die Frequenz gibt die Anzahl der Schwingungen an, die ein Teilchen in einer gewissen Zeit zurücklegt.

Elektrotherapie: Stromformen / Stromarten

Je nachdem ob der Strom seine Flussrichtung wechselt (biphasisch) oder nicht (monophasisch) spricht man von Wechselstrom oder Gleichstrom. Abhängig von der Frequenz unterscheidet man Niederfrequenz-, Mittelfrequenz- oder Hochfrequenztherapie.

Im Bereich der niederfrequenten Ströme wird Gleichstrom (Galvanisation) und Wechselstrom eingesetzt. In der Gleichstromtherapie wird mit frequenzkonstanten und frequenzmodulierten Strömen gearbeitet. Um Hautschädigungen vorzubeugen, werden jedoch zumeist biphasische Wechselströme eingesetzt. Da hierbei die motorische Stimulation im Vordergrund steht, kann mit einer höheren Amplitude gearbeitet werden. Je nach Schädigungsgrad des Nervs kommen unterschiedliche Stromformen zum Einsatz.

Mittelfrequente Ströme werden im Bereich der Elektrotherapie vor allem für Schmerzen und zur motorischen Stimulation eingesetzt. Auch Hochfrequenztherapie, Wärmetherapie (Rotlicht) und Ultraschalltherapie sind Bereiche der Elektrotherapie.

Dreieckstrom (Exponentialstrom)

Elektrotherapie: Dreieckstrom (Exponentialstrom)

Trapezstrom

Elektrotherapie: Trapezstrom

Rechteckstrom

Elektrotherapie: Rechteckstrom

Mittelfrequente
Ströme

Elektrotherapie: Mittelfrequente Ströme

Behandlungsverfahren der funktionellen Elektrostimulation

Die funktionelle Elektrostimulation (FES) beschreibt die Stimulation von Muskeln oder Nerven, mit dem Ziel eine Funktion oder Aktivität zu fördern. Über mehrere Kanäle können mehrere Muskeln stimuliert werden, um so eine koordinierte Aktivität zu produzieren. Die FES kann auch mittels Elektromyographie (EMG) getriggert durchgeführt werden, dabei spricht man dann von EMG-getriggerter Elektrostimulation. Hierbei kommt es zur Auslösung der elektrischen Stimulation beim Überschreiten einer vorab definierten Aktivitätsschwelle, die vom Gerät durch die EMG-Messung ermittelt wird.

Die EMG-Messung kann auch isoliert ohne Strom eingesetzt werden und zwar in Form einer Biofeedback Therapie. Das Biofeedback Training wird vor allem zum Koordinationstraining und zum Training isolierter Bewegungen eingesetzt.

Je nachdem um welches Elektrotherapiegerät es sich handelt, kann es eine oder mehrere dieser Funktionen haben. Elektrostimulationsgeräte dienen der motorischen Stimulation von Bewegung.

Anwendungsgebiete der Elektrotherapie

Die Elektrostimulation wird häufig in Kombination mit einer Ergo- oder Physiotherapie eingesetzt. Regelmäßig wird sie in den Einsatzgebieten Knie-, Schulter und Rückenbeschwerden sowie bei fast allen neurologischen Erkrankungsbildern eingesetzt. Mögliche Erkrankungen bei denen Elektrostimulation eingesetzt werden kann, sind:

Elektrotherapie für zu Hause

STIWELL® Neurorehabilitation | Elektrotherapie für zu Hause

Die funktionelle Elektrostimulation kann als Ergänzung zur Physio- und Ergotherapie auch zu Hause eingesetzt werden.

Verschiedene Elektrostimulationsgeräte können, nach einer Geräteeinweisung durch den behandelnden Arzt oder Therapeuten, auch in der Therapie zu Hause eingesetzt werden. Hierbei dient das regelmäßige Training mit der funktionellen Elektrostimulation als Ergänzung zur physio- oder ergotherapeutischen Behandlung.

Elektrotherapie: Bei welchen Patienten ist Vorsicht geboten?

Einige Faktoren, bei denen Vorsicht bei der Behandlung mit Strom geboten ist, werden in der Therapie als absolute oder relative Kontraindikationen bezeichnet. Absolut heißt, dass die Therapie auf keinen Fall durchgeführt werden darf und relativ bedeutet, dass sie nur unter gewissen Umständen bzw. mit Vorsichtsmaßnahmen durchgeführt werden darf. Einige dieser Kontraindikationen können sein:

  • Herzschrittmacher
  • Herzrhythmusstörungen
  • Anfallsleiden (unkontrollierbare Epilepsie)
  • offenen Wunden im Anwendungsbereich
  • Tumorerkrankungen im Stimulationsgebiet
  • Schwangerschaft

Elektrotherapie Ausbildung

Therapeuten und Ärzte können sich zusätzlich zu ihrer Ausbildung im Bereich der Elektrostimulation weiterbilden. Vor allem im Bereich der funktionellen Elektrostimulation sind diese Ausbildungen wichtig, da sie zumeist nicht Teil des regulären Ausbildungs-Curriculums sind. Durch die Zunahme von Forschungsaktivität im Bereich der funktionellen Elektrostimulation sind auch regelmäßige Refresher-Kurse oder Webinare sinnvoll.

Sollten Sie als Arzt oder Therapeut Interesse an Fortbildungen zur funktionellen Elektrostimulation haben oder eine Geräteeinweisung in Ihrem Institut wünschen, kontaktieren Sie uns

Informieren Sie sich, wie die funktionelle Elektrostimulation mit dem STIWELL® bei der Therapie von neurologischen & orthopädischen Erkrankungen eingesetzt werden kann!

 

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